Leben mit Schizophrenie – So gestaltet sich der Alltag mit einer schizophrenen Erkrankung

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Laut der landläufigen Meinung handelt es sich bei Schizoprenie um eine schwere Wahrnehmungsstörung, die ein intaktes Sozial- und Arbeitsleben nahezu unmöglich macht. Lesen Sie in diesem Artikel, wie sich die Erkrankung tatsächlich auf den Alltag der Patienten auswirkt und welche Möglichkeiten Betroffene und deren Angehörige haben, um trotz Schizoprenie ein geregeltes Leben zu führen.

Was ist Schizophrenie?

Das Wort Schizoprenie setzt sich zusammen aus den beiden griechischen Wörtern schizo (=spalten) und phren (=Geist). Dennoch kommt es, anders als man vielleicht vermuten könnte, bei dieser Krankheit nicht zu einer Persönlichkeitsspaltung. Der Begriff ist somit irreführend. Charakteristisch für eine schizophrene Psychose ist vielmehr eine vorübergehende Veränderung der Wahrnehmung (insbesondere die eigene Person betreffend), der Gedanken und des Gefühlslebens. In Deutschland sind etwa 800.000 Menschen an Schizoprenie erkrankt, weltweit ist etwa 1 % mindestens einmal im Leben von der Krankheit betroffen.

Symptome von Schizophrenie

Auch wenn die Symptome und Beschwerden, die bei einer Schizophrenie auftreten können, individuell sehr unterschiedlich sind, gibt es eine Reihe an typischen Merkmalen, die auf das Vorliegen einer schizophrenen Störung hindeuten.
Man unterscheidet dabei zwischen so genannten Positiv- und Negativsymptomen. Zu den „positiven“ Symptomen einer Schizophrenie gehören:

  • Wahrnehmungsstörungen/Halluzinationen (Stimmen oder Geräusche, Gerüche)
  • Wahnvorstellungen (z.B. das Gefühl, verfolgt, beobachtet oder bedroht zu werden)
  • Ich-Störung (Grenze zwischen Umwelt und der eigenen Person verschwindet zunehmend)
  • Denkstörungen wie scheinbar zusammenhangslose, unlogische Gedanken, schnelle Gedankenwechsel (oder auch plötzliches Abbrechen von Gedankengängen),Wortneuschöpfungen und -verschmelzungen
  • höhrere Anspannung und leichtere Reizbarkeit.

Während sich die Positivsymptome auf die Veränderungen im Denken, Fühlen und Handeln beziehen, werden unter dem Begriff Negativsymptomatik sämtliche Symptome zusammengefasst, die mit dem Verlust der psychischen Funktionsfähigkeit einer Person einhergehen. Dazu zählen: 

  • Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen
  • Verminderter Antrieb
  • Gestörte Körperkoordination (übermäßige oder stark reduzierte Mimik, Gestik, Körperbewegungen)
  • Fehlende emotionale Reaktionen
  • Teilnahmslosigkeit
  • Depression
  • und sozialer Rückzug.

Zeiten, in denen die positiven Symptome besonders stark ausgeprägt sind, bezeichnet man auch als psychotische Episoden.

Krankheitsverlauf und Prognose bei Schizoprenie

Die meisten schizophrenen Erkrankungen machen sich erstmals im Jugendalter (zwischen dem 18. und dem 35. Lebensjahr) bemerkbar. Experten unterscheiden allgemein drei Verlaufsformen:

  1. Eine einmalige, plötzliche Krankheitsphase mit ausgeprägten Symptomen (20-25 %)
  2. Episodischer Verlauf: Psychotische Phasen treten zeitweise, aber immer wieder auf (das ist bei etwa 2/3 aller Erkrankungen der Fall).
  3. Bei ca. 10-30 % Prozent nimmt die Schizophrenie einen chronischen Verlauf

Die meisten Menschen mit Schizoprenie durchlaufen in ihrem Leben also mehrere psychotische Episoden zwischen denen sie unter Umständen ein ganz normales Leben führen können. Für gewöhnlich (in 75 % der Fälle) geht der eigentlichen Schizophrenie eine Art Vorstadium von etwa 5 Jahren voraus. In dieser Zeit zeichnet sich die Krankheit zwar bereits ab, manifestiert sich jedoch erst wesentlich später in ihrer vollen Ausprägung. Wie die Krankheit im Einzelfall verläuft hängt Studien zur Folge zum einen von der klinischen Symptomatik, aber auch diversen psychosozialen Faktoren ab:

  • Starke Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen
  • Soziale Isolation
  • beruflicher Abstieg
  • Komorbitäten (z.B. parallele Suchterkrankungen)
  • sowie eine ausgeprägte Negatisymptomatik (Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen, verarmtes Denken etc.)

werden eher mit einer schlechten Prognose in Verbindung gebracht, letztere, da die üblichen Medikamente hier weniger wirksam sind.
Im Gegensatz dazu haben folgende Einflussfaktoren einen entscheidenden positiven Einfluss auf den Verlauf der Krankheit und, damit einhergehend, auch die Alltagsfunktionalität der Patienten. So gibt es einen positiven Zusammenhang zwischen

  • dem Bildungsniveau,
  • dem Familienstatus (verheiratet vs. nicht verheiratet),
  • dem Geschlecht (Frauen vor der Menopause haben die beste Prognose),
  • einer hohen sozialen Anpassungsfähigkeit vor der Erkrankung,
  • einem guten emotionalen und intellekturellen Entwicklungsniveau,
  • den allgemeinen sozialen Kompetenzen und kognitiven Funktionen,
  • klar identifizierbaren Auslösefaktoren,
  • einem akuten Krankheitsbeginn und seltenen, kurzen Krankheitsperioden
  • einer hohen Akzeptanz der Behandlung 

und einer erfolgreichen beruflichen (schulischen Entwicklung). Problematisch ist angesichts dessen vor allem, dass viele Menschen mit Schizophrenie, ihre Krankheit nicht als solche anerkennen und daher einer Therapie eher ablehnend gegenüber stehen.

Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten

Zwar wird die schizophrene Symptomatik nicht selten durch belastetende Lebensereignisse hervorgerufen, jedoch sind diese nicht ursächlich für die Entstehung Krankheit verantwortlich. Neben einer genetischen Veranlagung  können beispielsweise Gehirntraumata, traumatische Erlebnisse in der Kindheit, aber auch Stress und Drogenkonsum (auch Cannabis) das Auftreten einer Schizophrenie begünstigen. Außerdem konnte man bei Menschen mit Schizophrene ebenfalls Veränderungen in der Hirnstruktur beobachten. So werden unter anderem bestimmte Botenstoffe (wie z.B. Dopamin) im Überschuss produziert. Zur Berhandlung von Schizophrenie wird meist eine Medikamenteneinnahme mit einer Psychotherapie kombiniert. In akuten psychotischen Phasen kann ggf. auch ein vorübergehender stationärer Klinikufenthalt erforderlich sein.

Selbstbestimmt leben trotz Schizophrenie?

Obwohl Schizophrenie mit zu den Erkrankungen gehört, die den persönlichen privaten und beruflichen Alltag massiv einschränken können, ist es durchaus möglich, auch mit Schizophrenie ein eigenständiges Leben zu führen. Der Alltag wird dabei von Patient zu Patient unterschiedlich erlebt.

So äußert sich Schizophrenie im Alltag

Da sich die Wahrnehmung und das Denken einer Person infolge der Schizophrenie grundlegend verändern, kann das unmittelbare Auswirkungen auf sämtliche Lebensbereiche (Ausbildung, Beruf, soziale Beziehungen) haben. Das gilt vor allem für psychotische Phasen mit deutlichen Positivsymtomen. Doch kann beispielsweise auch die geringe Konzentrationsfähigkeit in Gesprächen mit mehreren Personen zum Problem werden. Aufgrund derartiger kognitiver Defizite fällt es den Betroffenen außerdem zunehmend schwerer, Ziele zu priosieren und zu verfolgen oder auch auf unerwartete Ereignisse spontan zu reagieren. Demnach haben ein Großteil der an Schizophrenie erkrankten Menschen tatsächlich Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Menschen und bei der Bewältitung ihres Alltags.

Erwerbsstätigkeit

In Europa gehen nur etwa 13 bis 65 % aller Schizophrenen einer Arbeit nach; unter den chronisch Erkrankten sind es lediglich 10-20 %. Leider gehört Arbeitslosigkeit mit zu den Faktoren, die sich negativ auf den Verlauf der Krankheit auswirken, was mit ein Grund dafür ist, warum der Wiedereingliederung in den Beruf, neben der  Verbesserung der sozialen Teilhabe, auch bei der Behandlung von Schizoprenie eine hohe Wichtigkeit beigemessen wird. Mit den richtigen Antipsychotika, psychotherapeutischer Unterstützung und gelegentlichen psychosozialen Interventionen sind viele Schizophrene jedoch durchaus in der Lage, einer beruflichen Tätitgkeit nachzugehen.

Sexuelle Gesundheit

Die kognitiven Schwierigkeiten und Stimmungssymptome können sexuelle Dysfunktionen sowie eine Verringerung des sexuellen Verlangens nach sich ziehen. Dies ist auch infolge von Nebenwirkungen bestimmter Medikamente möglich und kann sich unter Umständen negativ auf das Sexualleben der Betroffenen auswirken. In akuten psychotischen Phasen kommt es oft auch zu einem ungehemmteren Sexualverhalten und einer erhöhten Risikobereitschaft, wodurch wiederum auch die Neigung zu gefährlichen Sexualpraktiken steigt. Betroffene sollten in jedem Fall mit ihrem behandelnden Arzt sprechen und auf keinen Fall Medikamente selbständig absetzen.

Weitere Alltagstipps für Betroffene

Ziel der medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlung ist nicht nur eine Stärkung des Selbstbewusstseins der Patienten, sondern immer auch eine (Wieder-) eingliederung in den (Arbeits-) alltag. Hierbei können neben klassischen Gesprächstherapien auch weitere Therapieformen (wie z.B. Ergotherapie) zum Einsatz kommen. Anstelle langfristiger Klinikaufenthalte haben besteht oft auch die Möglichkeit, zusammen mit anderen Betroffenen in therapeutischen Wohngruppen zu leben. In vielen Fällen kann auch eine Reduzierung der Abeitszeit sinnvoll sein. Studien haben außerdem gezeigt, dass durch regelmäßiges Gedächtnistraining und das Lösen komplexer Probleme die kognitive Leistungsfähigkeit selbst bei stark ausgeprägten Symptomen deutlich verbessert werden kann. Treiben Sie darüber hinaus ausreichend Sport und achten Sie auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Auf diese Weise fördern sie nicht nur ihre psychische und physische Gesundheit, sondern wirken auch einer möglichen Gewichtszunahme durch die Antipsychotika entgegen.

Hilfe für Angehörige

Der Alltag mit Schizophrenie ist nicht nur für die Erkrankten selbst, sondern auch für deren Angehörige häufig eine große Belastung. Jedoch ist gerade die Unterstützung und das Verständnis des Partners, der Familie und der Freunde unabdingbar für eine erfolgreiche Therapie. Versuchen Sie daher, die Krankheit zu akzeptieren und bieten Sie Unterstützung an (beispielsweise bei der Medikamenteneinahme, bei Arztbesuchen oder der Freizeitgestaltung), ohne den Patienten dabei zu unter- oder überforden. Darüber hinaus ist es empfehlenswert, den Kontakt aufrechtzuerhalten, auch wenn sich der oder die Betroffene zurückziehen sollte. Gleichzeitig sollten Sie der Person aber ausreichend Freiraum zugestehen und ein selbständiges Leben und Handeln eher fördern.
Zögern Sie außerdem nicht, sich selbst Hilfe zu suchen, sollten Sie mit der Situation überfordert sein. Unterstützung erhalten Sie z.B. in speziellen Angehörigengruppen, die von Ärzten, Psychologen und Sozialpädagogen begleitet werden. Die Teilnahme an einer solchen Selbsthilfegruppe hilft Ihnen nicht nur, selbst besser mit der Situation klarzukommen, sondern kann auch nachweislich das Rückfallrisiko der Betroffenen senken.

https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/stoerungen-erkrankungen/schizophrenie-und-schizophrene-psychosen/informationen-fuer-angehoerige/
https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/psychische-erkrankungen/was-ist-schizophrenie-2017900
https://lebenmitschizophrenie.ch/fragen-antworten/konnen-betroffene-selbststandig-leben-und-wohnen
https://lebenmitschizophrenie.ch/fragen-antworten/wie-ist-es-mit-schizophrenie-zu-leben
https://www.thieme.de/de/psychiatrie-psychotherapie-psychosomatik/rehabilitation-von-menschen-mit-schizophrenen-psychosen-57620.html
https://flexikon.doccheck.com/de/Negativsymptomatik
https://www.gesundheitsinformation.de/wie-zeigt-sich-eine-schizophrenie.3300.de.html?part=symptome-2igesellschaft/gesundheit/leben-mit-einer-schizophrenen-tochter-ich-stelle-mir-vor-der-kopf-ist-durchlaessig-12223320.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2
https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/news-archiv/meldungen/article/studie-menschen-mit-schizophrenie-werden-zunehmend-stigmatisiert/
https://www.janssenwithme.de/schizophrenie24x7/erkrankung
https://www.janssenwithme.de/schizophrenie24x7/erkrankung/symptome
https://www.apotheken-umschau.de/schizophrenie
https://www.janssenwithme.de/schizophrenie24x7/leben-mit-der-erkrankung

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Beitragsbild: © MichaelGaida / Pixabay

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